1945-1991 Zentrales Untersuchungsgefängnis der sowjetischen Militärspionageabwehr
Zentrales Untersuchungsgefängnis der sowjetischen Militärspionageabwehr
1945 ging der von Deutschland entfachte und insbesondere in Osteuropa brutal geführte Zweite Weltkrieg in Europa mit der bedingungslosen Kapitulation des nationalsozialistischen Regimes zu Ende. Im Gefolge der Roten Armee gelangten mehrere sowjetische Geheimdienste nach Deutschland, unter ihnen die sowjetische Militärspionageabwehr. Dieser Geheimdienst hatte die Aufgabe, die sowjetischen Streitkräfte vor inneren und vor äußeren Feinden zu schützen. Er war für die politische Überwachung der Armeeangehörigen sowie die Abwehr von nachrichtendienstlichen Aktivitäten westlicher Geheimdienste gegen die in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und in der DDR stationierte Sowjetarmee verantwortlich.
Dazu wurden alle Armeeobjekte, Soldaten und Offiziere, deren Familien, die Bewohner militärischer Siedlungen sowie deutsche Zivilbeschäftigte und deutsche Staatsbürger, die Kontakte zu solchen Personen hatten, beobachtet. In die letztgenannte Gruppe schleusten westliche Dienste bevorzugt Agenten ein. Damit agierte die Spionageabwehr als unmittelbarer Gegenspieler westlicher Nachrichtendienste.
Der Geheimdienst richtete seine Deutschlandzentrale im Potsdamer Villenviertel zwischen den beiden historischen Parkanlagen Neuer Garten und Pfingstberg im Norden der Stadt ein. Im Zentrum des neu entstandenen Sperrgebietes, dem „Militärstädtchen Nr. 7", befand sich die Villa des Evangelisch-Kirchlichen-Hilfsvereins. Sie wurde zum zentralen Untersuchungs- und Durchgangsgefängnis der sowjetischen Militärspionageabwehr umgebaut.
Bereits für den Spätsommer 1945 sind Inhaftierungen aufgrund unterschiedlicher Tatvorwürfe in dieser neugeschaffenen Haftstätte dokumentiert. Bis 1955 hielt der Geheimdienst hier vor allem Bürger der Sowjetunion, zahlreiche Deutsche und vereinzelt Personen anderer Nationen fest. Lagen die Haftgründe in dieser Anfangsphase im Spannungsfeld zwischen Entnazifizierung und Herrschaftssicherung, änderte sich das Bild im Zuge des heraufziehenden Ost-West-Konflikts grundsätzlich. Der Geheimdienst setzte ab 1947 überwiegend hauptamtliche Mitarbeiter, Spione, Informanten, V-Leute, Kuriere und „Briefkästen“ westlicher Geheimdienste fest. In den Verhaftungsstrudel gerieten aber auch völlig Unbeteiligte, die dennoch wegen Spionage verurteilt wurden. Letztlich ging es darum, die Besatzungsherrschaft zu sichern und ein kommunistisches System in der SBZ/DDR zu etablieren.
Die Gefangenen litten unter Hunger, Kälte, Isolation und mangelnder Hygiene. Unter Anwendung von Folter in Form von physischer und psychischer Gewalt, Schlafentzug, Karzerhaft und stundenlangen Verhören zermürbten die sowjetischen Vernehmer die Häftlinge und erzwangen auf diese Weise Geständnisse. Sowjetische Militärtribunale verurteilten die Gefangenen anschließend übermäßig hart zu langjährigen Haftstrafen oder sogar zum Tode.
Nach 1955 nutzte die Spionageabwehr das Gefängnis zur Inhaftierung von Militärangehörigen und Zivilangestellten der sowjetischen Streitkräfte sowie deren straffällig gewordenen Familienangehörigen. Ihnen wurden Militärvergehen wie Desertion, Verstöße gegen die Dienstvorschriften oder kriminelle Delikte vorgeworfen. Nach ihrer Verurteilung verbüßten sie Haftstrafen in Lagern und Gefängnissen der Sowjetunion. Die Nutzung als Geheimdienstgefängnis endete erst mit dem Zerfall des sowjetischen Geheimdienstes KGB im Jahr 1991.
Eine ständige Ausstellung im ehemaligen Gefängnisgebäude informiert über die Geschichte des Ortes und stellt 50 Häftlingsschicksale vor.